Digitaler Wandel und Besteuerung - Forderungen aus Sicht der Steuerzahler“
Gemeinsam mit der OECD startet die EU einen neuen Versuch, eine eigene Steuer für digitale Dienstleistungen zu schaffen. Begründet wird dieser Plan damit, dass die bestehenden Steuersysteme für das digitale Zeitalter fit gemacht werden sollen und die großen digitalen Dienstleister angeblich kaum Unternehmensteuer zahlen.
Es wird unterstellt, dass die digitalen Großkonzerne wie Google, Apple, Facebook und Amazon (GAFA) sowie der Internetriese Alibaba (China) keine oder nur kaum Steuern zahlen würden. Die digitalen Big Player sollten deswegen durch die Einführung einer Digitalsteuer (DST) endlich gezwungen werden, Steuern zu zahlen und ihren fairen Steuerbeitrag zu leisten, so die Argumente der Verfechter der Steuerfairness.
Das hat aber nichts mit der Realität zu tun. Digitale Unternehmen haben Kosten und ganz unterschiedliche Margen. Sie zahlen Steuern und Abgaben, direkt durch Unternehmenssteuern und indirekt durch die Schaffung von lohnsteuerpflichtigen Arbeitsplätzen.
Digitale Unternehmen haben ein überproportionales Wachstum, das ist unstrittig. Vergessen wird in der ganzen Steuerdiskussion, dass dieses Wachstum auch direkte Auswirkungen auf die Beschäftigungszahlen hat und viele neue Arbeitsplätze durch die Digitalisierung entstanden sind. Alleine die GAFA haben seit 2007 mehr als 1,6 Million Menschen direkt in Lohn und Brot gebracht. Wenn man andere Unternehmen, die ebenso digitale Waren und Dienstleistungen anbieten und verkaufen, aber noch nicht im Fokus stehen, wie Microsoft oder Nike, dann erkennt man sehr schnell die Dimensionen, um die es wirklich geht. Denn im Prinzip ist jedes Unternehmen, das über das Internet Verkäufe tätigt, auch ein digitales Unternehmen. Alle dort Beschäftigten zahlen ganz normal ihre Steuern und Abgaben. Es geht also um weit mehr, wenn über eine verschärfte Besteuerung von digitalen Unternehmen diskutiert wird.
Eigentlich muss es, wenn der Gedanke der Steuergerechtigkeit gilt, darum gehen, sicherzustellen, dass Steuern gezahlt werden, dass keine Steuern hinterzogen werden und dass der Steuerwettbewerb nicht umgangen wird.
Wo diese Steuern dann gezahlt werden, ist aus Fragen der Steuergerechtigkeit egal!
Ein kritischer Blick auf die Situation wirft deshalb die Frage auf, warum die Digitalsteuer-Initiative vor allem amerikanische und chinesische Unternehmen betrifft? Ist es vielleicht die Sorge der EU-Staaten, nicht genug vom Steuerkuchen zu bekommen?
Der Steuerzahlerbund steht für einen fairen Steuerwettbewerb, das kann von uns nicht oft genug erwähnt werden. Alle müssen ihren fairen Beitrag an Steuern und Abgaben leisten. Denn was die Einen nicht zahlen, muss dann von Anderen geleistet werden. Was jetzt aber den digitalen Unternehmen droht, hat mit fairer Besteuerung nicht das Geringste zu tun! Wir haben dies für die GAFA anhand der uns verfügbaren Zahlen gerechnet. Es wird deutlich, dass eine Koppelung der Digitalsteuer an den Umsatz und nicht den Gewinn zu massiven Verwerfungen und zu einer Überbelastung führt. So hatte zwar Online-Handelsriese Amazon im Jahr 2020 einen Rekordumsatz in Höhe von über 386 Mrd. US-Dollar, aber nur eine EBT von rund 24 Mrd. US-Dollar und damit eine Umsatzrendite von rd. 5,5 Prozent. Im Ergebnis würde die DST bei Amazon zu einer Gesamtsteuerbelastung von 61 Prozent führen.
Eine Besteuerung von Umsätzen, also nicht der von tatsächlich erzielten Gewinnen, ohne Berücksichtigung von Verlusten oder Abschreibungen, wie es bei der Digitalsteuer (DST) vorgesehen ist, stellt einen Frontalangriff auf die Grundprinzipien der Marktwirtschaft und der Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzips dar. Sie führt bei niedrigen Umsatzrenditen zu überproportionalen Steuerbelastungen.
Es ist ein Trugschluss, von Überschüssen auf eine höhere steuerliche Belastbarkeit von Unternehmen zu schließen, weil damit unmittelbar in die Substanz und in die Rücklagen- sowie Eigenkapitalbildung von Unternehmen eingegriffen wird.
Dazu zeigen die Erfahrungen von Ländern, die bereits ein derartige Digitalsteuer eingeführt haben (z.B. Österreich, Frankreich und Italien), dass diese Steuern am Schluss auf die Lieferanten und die Verbraucher umgewälzt werden, die dann die Zeche zahlen müssen.
Angesichts des von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgestellten EU-Konjunkturprogrammes und anderer Programme, wie dem „Green Deal“, etc., die eine Erhöhung der EU-Ausgaben, Kredite und Haftungen in Billionenhöhe vorsehen, kommt der Diskussion der Einführung einer EU-Digitalsteuer eine besondere Bedeutung zu.
Die EU-Kommission will die Einführung zusätzlicher eigener Einnahmen der EU. In diesem Kontext wird die Digitalsteuer ganz konkret genannt. Dazu ist sie aber nicht gedacht. Es darf bei der Diskussion der Digitalsteuer nicht um EU-Einnahmenerzielung gehen!
Es ist deshalb von existenzieller Bedeutung, dass wir jetzt in die Diskussion eintreten und das Wort ergreifen. Es ist wichtig, dass die digitale Steuer sachlich und nicht ideologisch motiviert diskutiert wird.
Bei jeder Diskussion und bei jedem Steuerreform-Vorschlag muss zwingend auch eine Folgenabschätzung erfolgen. Denn am Schluss sind es wir Steuerzahler, die die Zeche bezahlen müssen!